Mein Leben mit Depressionen, oder "Stell dich nicht so an"

Es gibt viele Arten von Depressionen, denn jeder Mensch ist anders. Aber ich kann erklären, wie es sich für mich anfühlt mit meinen Depressionen zu leben.

  4. Aug 2019
 4 Min 3 Sek   0    177
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Mein Leben mit Depressionen, oder "Stell dich nicht so an"

Es gibt viele Arten von Depressionen, denn jeder Mensch ist anders. Aber ich kann erklären, wie es sich für mich anfühlt, mit meinen Depressionen zu leben.

Letzte Woche sagte ein Leser meines Blogs "Jetzt weiß ich, was Depressionen sind, zu mindestens theoretisch. Aber durch Deinen Blog kann ich es wesentlich besser verstehen."

Das Leben mit Depressionen: Bitte versucht mich zu verstehen!

Und genau deshalb möchte ich versuchen, so einfach wie möglich meine Depression zu erklären, um es für mehr gesunde Menschen nachvollziehbar zu machen. Ich schreibe sehr bewusst, nachvollziehbar, denn ich glaube, gesunde Menschen können nicht wirklich verstehen, wie es sich mit Depressionen lebt. Was sie aber können, ist, es in etwa nachzuvollziehen – und das anhand eigener Erfahrungen. Sie können respektieren und akzeptieren, dass diese Krankheit kompliziert ist. Sie können sich Kenntnisse über die Krankheit erwerben. Sie können wissen, dass wir Menschen mit Depressionen, wie viele andere auch, behindert bzw. beeinträchtigt sind. Obwohl, ich den Begriff behindert in diesem Falle schon etwas hart finde.

Der Kampf mit dem Tag

Ich bin weder faul noch ist mir das Leben fremd. Ich bin nicht dumm oder unwillig. Ich bin einfach ein Mensch wie jeder andere auch, der jeden Tag mit sich selbst und den Tücken des Alltags kämpft, so gut ich es eben kann. Ich bin ein Mensch, mit dem man sich unterhalten und seine Meinung austauschen kann. Und genauso sehne ich mich nach Vertrauen und Wertschätzung wie jeder andere auch. Ja und ich brauche auch Hilfe, Halt, Verständnis und ehrliches Mitgefühl. Aber wer von uns Menschen braucht das nicht? Man soll mich einfach als Mensch annehmen so wie ich bin, mehr möchte ich nicht.

Alle Menschen gehen ihren Weg durchs Leben, durch Höhen und Tiefen. Und alle lernen ganz natürlich aus diesen Erlebnissen und Erfahrungen. Sie verlieren aber dabei in der Regel nicht die ganze Freude am Leben und verlieren auch nicht für lange Zeit die Leichtigkeit. Eine Depression bringt jedoch genau diese Dinge aus dem Gleichgewicht. Ich möchte Euch nun anhand Eurer eigenen Erinnerungen und Erfahrungen, mein Leben mit der Depression erklären, so gut ich es eben kann.

Kennst Du das?

Du warst sicherlich schon einmal krank, erkältet. Du bist am Morgen erwacht und fühltest Dich so unendlich müde und schlapp. Nur mit Mühe bist Du aus dem Bett gekommen. Du hast Dich an den Tisch gesetzt und ohne Appetit ein klein wenig gegessen. Deine Gedanken kreisten nur um Dein Bett. Du hattest das starke Bedürfnis, Dich wieder zu verkriechen, zu schlafen und Deine Ruhe zu haben.

Und jetzt stell Dir vor, Du wachst jeden Morgen so auf. Erinnere Dich weiter an diese Tage. Du legst Dich wieder schlafen und irgendwann wirst Du wach, aber fühlst Dich immer noch zerschlagen und zu nichts in der Lage. Du rettest Dich auf das Sofa. Dort verbringst Du irgendwie den Tag, mit nichts Sinnvollem, eben einfach so, weil Du keine Kraft und keinerlei Antrieb hast. Dir ist egal, wie es in Deiner Wohnung heute aussieht, morgen ist ja auch noch ein Tag und dann wird es besser sein. Und nun stell Dir vor, das ist nicht nur sind viele Tage in der Woche, im Monat, im Jahr so und Du hast eben nicht die Gewissheit, dass es besser wird. Du bist sicher auch schon einmal krank geworden, so von einer Stunde auf die andere. Eben warst Du noch fröhlich und voller Tatendrang – und dann, mit einem Mal warst Du schlapp, Dein Kopf machte dicht und Du warst mit Deinem Tun völlig überfordert, eben krank. Und das passiert Dir an vielen Tagen, in vielen alltäglichen Situationen, bei Freunden, bei Familientreffen … es passiert Dir, immer und immer wieder.

Erinnerungen, die Dich nie loslassen

Sicherlich warst Du schon einmal menschlich sehr enttäuscht, von einem guten Freund oder so. Es hat Dir weh getan. Du hast Dich vielleicht auch leer gefühlt. Du hast Dir Gedanken gemacht. Dich gefragt, warum gerade Du das erleben musst. Du hast Dich abgewendet und hast Dich vielleicht auch für ein paar Tage zurückgezogen, wolltest allein sein.

Und nun stell Dir vor, dass die Depression Dir solche Augenblicke, solche Situationen wieder hervorholt, Dir Deine Verletzungen zeigt, immer wieder. Deine Gedanken drehen sich um: warum, hätte, könnte, aber, sollte, musste .... und diese furchtbare innere Leere bleibt in Dir. Dein Rückzug, Dein allein sein, wird zu Deiner Sicherheit im Leben. Oder aber, Du hast Dich sicherlich schon einmal in einer Situation befunden, in der Du Deine alten Wege verlassen und aus Deiner Sicherheit, herausgehen musstest. Du hast Dich nicht wohlgefühlt, wärst am liebsten in den Boden versunken, warst unsicher. Du hast überlegt: mache ich es oder lieber doch nicht, schaffe ich es oder doch nicht, bin ich bereit dafür oder lasse ich es lieber, will ich es wirklich oder will ich es nicht? Und nun stell Dir vor, diese Situation fällt immer über Dich her, wenn Du Deine Wohnung, Dein Zuhause verlassen willst. Dabei ist egal, wofür. Ob Du „nur“ einkaufen willst, eine Runde spazieren möchtest, eine/n Freund/in triffst – ganz egal, Deine Gedanken fahren Achterbahn und springen zwischen einem Ja, einem Jein oder Nein.

Und doch sage ich: "Ich will leben! Mir ist bewusst das Leben kann auch schön sein und an so manchen Tag erlebe ich es auch. Aber ich werde weiter lernen, mich selbst kennenzulernen und lernen ich selbst zu sein, mich nicht zu verbiegen. Und das Schritt für Schritt, mit ganz viel Geduld. In der Hoffnung, eines Tages die Depressionen besiegen zu können."


Bis zum nächsten Beitrag,
Ronny

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Stöckchen Als jemand, der 1979 geboren wurde und seit 2004 die Welt der Programmierung entdeckt hat, fasziniert es mich immer wieder, wie man mit Code die Welt verändern kann. Angefangen mit HTML, habe ich mich später auch in PHP vertieft. Nebenbei Doc als Mediengestalter habe ich immer das Ziel gehabt, die Welt zu verbessern, auch wenn mir manchmal der nötige Quellcode fehlt. In meinen Träumen stelle ich mir vor, als Superheld neben Batman mein Geld zu verdienen oder zumindest den ersten Fluxkompensator der Welt zu testen.