Meine Erfahrung mit IRRT: Transformative Therapie und Ergebnisse

Bitte beachte, dass dieser Text Trigger für andere Menschen enthalten könnte. In diesem Beitrag nehme ich Dich mit auf meine ganz persönlichen Sitzungen meiner IRRT´s.

  23. Jan 2024
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Meine Erfahrung mit IRRT: Transformative Therapie und Ergebnisse
Quelle: https://depri-blog.de

Die Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy (IRRT) ist eine hochwirksame Therapiemethode, die speziell zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und anderen Traumafolgestörungen entwickelt wurde.

Die IRRT kombiniert visuelle und verbale Interventionen, um Zugang zu belastenden Trauma-bedingten Bildern zu gewinnen. Ziel ist es, diese Bilder zu konfrontieren, zu transformieren und emotional zu bewältigen. Die Therapie durchläuft mehrere Phasen, die sich gezielt auf unterschiedliche Aspekte der Traumaverarbeitung konzentrieren.

In der ersten Phase wird der Patient dazu angeleitet, die belastenden Bilder und die damit verbundenen Emotionen des Traumas in sensu zu erleben und zu verbalisieren. Dieser Prozess ermöglicht es, die traumatischen Ereignisse aus der Vergangenheit bewusst zu machen und anzusprechen.

Die zweite Phase legt den Fokus auf die Konfrontation und Entmachtung des Täters. Das aktuelle Ich des Patienten wird als zusätzlicher Persönlichkeitsanteil auf der inneren Bühne eingeführt. Dadurch erhält der Patient die Möglichkeit, das Geschehene aus einer gestärkten und selbstbewussten Position zu betrachten und zu verarbeiten.

In der dritten Phase steht die Entwicklung von beruhigenden, tröstenden und versöhnenden Bildern im Mittelpunkt. Ziel ist es, eine positive Beziehung zwischen dem aktuellen Ich des Patienten und seinem damaligen Ich zu fördern. Diese Bilder dienen dazu, eine innere Harmonie und Versöhnung zu schaffen.

Parallel zur Therapie finden Nachbesprechungen und Hausaufgaben statt, die darauf abzielen, die erzielten Fortschritte zu vertiefen und zu verankern. In meinem Fall zeichnete ich diese Sitzungen auf, um sie mir jeden Tag anzuhören (Dies tue ich auch derzeit noch). Zudem wird an der kognitiven Umstrukturierung gearbeitet, um negative Denkmuster zu durchbrechen und eine nachhaltige positive Veränderung zu fördern.

Die IRRT bietet somit einen ganzheitlichen Ansatz zur Traumabewältigung, der sowohl auf emotionaler als auch auf kognitiver Ebene wirkt und den Weg zu Heilung und Selbstfindung ebnet.

Meine Erfahrung mit IRRT

Die Herausforderung des Inneren Ressourcen-gestützten Trauma-Reprocessing (IRRT) war für mich intensiv. Ich wagte mich in diese Therapieform, da die Bilder meines Traumas ständig präsent waren. Sie verfolgten mich, störten meine Ruhephasen und tauchten besonders in den nächtlichen Stunden auf. Der Film meines Traumas spielte sich immer wieder vor meinen Augen ab.

In der Einzeltherapie teilte ich die Geschehnisse, wenn auch nicht im gesamten Umfang, aber dennoch sehr detailliert. Diese Offenbarung löste meine Tränen aus, brachte jedoch eine spürbare positive Veränderung mit sich. Die emotionalen Entladungen durch meine Tränen halfen, Blockaden und innere Anspannungen zu lösen. Ein Gefühl der inneren Ruhe trat ein, begleitet von einer Stille, die mir lange Zeit unheimlich war.

Durch mein persönliches Ritual konnte ich mich selbst regulieren, was zweifellos eine entscheidende Voraussetzung für die Teilnahme am IRRT war.

In den ausgedehnten Therapiesitzungen teilte ich wiederholt eine Geschichte, die sich wie eine Imagination anfühlte – ein einschneidender Moment, der sich am 23.12.1999 in der Dusche der JVA Würzburg abspielte. An diesem Tag wurde ich von einem Täter und zwei Mittätern sexuell missbraucht. Ich konnte diesen schicksalhaften Tag in allen Einzelheiten sehen, hören, riechen und fühlen, als wäre es ein Film in voller Länge und Farbpracht. Gemeinsam mit meiner Therapeutin durchlebte ich diese Geschichte, die von Hass, Wut und unbändigem Zorn geprägt war. Es war erschreckend, die Gesichter der Täter zu betrachten, doch dies war notwendig für meinen Heilungsprozess.

Nach dieser schmerzhaften Reise erfolgte ein Zeitsprung. Diese Bilder begleiten mich nun schon seit 25 Jahren, und ich brauche keinen Kalender, um mich an den genauen Tag zu erinnern – mein Kopf erledigt dies automatisch. Doch diesmal war es anders. Ich tauchte bewusst in diese Erinnerungen ein, nicht im Traum, sondern als aktiver Teilnehmer dieses Films.

In den folgenden Sitzungen erzählte ich die Geschichte erneut, jedoch erhielt ich jetzt die Möglichkeit, sie zu verändern. In meiner Vorstellungskraft kehrte ich zurück zu diesem schicksalhaften Tag und hatte die Macht, die Situation zu beeinflussen. Ich konnte nicht verhindern, dass mir dies passiert war, aber ich konnte meine eigene Reaktion ändern. Diese Änderung war nicht leicht, besonders als ich mich den Gesichtern der Täter gegenübersah, gefüllt mit Hass und Wut. Doch ich weigerte mich, mich auf ihr Niveau zu begeben. Statt Rache zu üben, stieß ich die Täter beiseite und rettete mein früheres, ängstliches Ich aus dieser bedrohlichen Lage. An einen sicheren Ort, den niemand der damaligen Täter finden würde.

Hier und jetzt konnte ich mir selbst helfen. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich mir Gutes tun, mich in den Arm nehmen, trösten und mir selbst gut sein. In einem intensiven Gespräch wurde mir bewusst, dass ich damals keine Fluchtmöglichkeit hatte. Mit 19 Jahren, körperlich schwach und ängstlich, hatte ich gegen drei Täter, die mindestens einen Kopf größer und doppelt so alt waren wie ich, keine Chance. Die Erkenntnis, dass ich Todesangst hatte und dies jahrelang verdrängt hatte, war schwerwiegend.

Die Therapie war anstrengend, aber nach dieser Sitzung gab es keine weiteren Therapiesitzungen mehr. Meine Aufgabe war es nun, für mich zu sorgen und mir Gutes zu tun. Ich verließ die Therapie seltsam ruhig, innerlich tot, aber gleichzeitig befreit von einer schweren Last und Schuldgefühlen, die in 25 Jahren immer schwerer geworden waren.

Ein zweites Imaginäres Ressourcenorientiertes Retraumatisierungstechnik (IRRT) war notwendig - eine Nacharbeit. Nach einer Woche, in der ich mich mal mehr, mal weniger über Wasser hielt, wiederholten wir das IRRT. In dieser Schleife hingen die Bilder fest, und die Geschichte blieb, aber die Momente danach wurden verändert. Die Entmachtung der Täter wurde erneut durchlebt und modifiziert.

Ich begann mit dem Moment der Todesangst, als der dritte Täter die Tür öffnete und sagte: "Los jetzt!". Es dauerte eine Weile, bis ich wusste, was ich ändern wollte. In meiner Vorstellungskraft stellte ich mir vor, wie ich, größer und stärker, mich vor den Haupttäter stellte und ihn mit aller Kraft beiseite schob. Ich konfrontierte ihn und übergab die Täter den Wachen, die an diesem Tag Dienst hatten. Das war für mich Genugtuung genug. Die Täter wurden von einer anderen Instanz bestraft, und ich musste mir nicht die Hände schmutzig machen. Ich ging zu meinem jüngeren Ich, tröstete es und versprach, dass ihm nichts Böses mehr widerfahren würde. Ich brachte mich an einen sicheren Ort und verabschiedete mich, hinterließ aber ein Handy für den Notfall.

Diese veränderte Situation führte dazu, dass die Albträume verschwanden. Ich fand endlich Ruhe und konnte mich freuen. Die Imaginationsarbeit hatte keine Filme und Erinnerungen gelöscht, aber sie machte sie erträglicher und ermöglichte mir, Trauer zuzulassen. Trauer, die ich zuvor nie empfinden konnte. Jetzt konnte ich um meine verlorene Jugend und mein verlorenes Leben trauern.

Nachwort
Es ist selbstverständlich, dass es mir nach diesen Sitzungen noch nicht gut geht und ich nicht vollständig "Geheilt" bin. Dennoch kann ich meine Geschichte akzeptieren. Obwohl in mir immer noch Hass und Wut aufkommen, wenn ich daran denke, dass ich seit Jahren versuche, mich aus dieser Situation zu befreien und mit dem Arsch an die Wand zu kommen, wie es im Volksmund heißt.

Ich hoffe, dass ihr ein Stück weit an meiner Reise teilhaben konntet. Dieser Beitrag hat mich herausgefordert und an meine Grenzen gebracht. Ich fühle mich nun befreiter, da die Geschichte nun offen ausgesprochen ist. Mir ist bewusst, dass sie jetzt keine Täuschungen mehr verbergen kann. Diese Geschichte hat jetzt ihren festen Platz auf diesem Blog und im Internet. Mein Dank gilt dir, dass du diese Reise mit mir geteilt hast.

Ich bin dankbar für das IRRT! Und ja, ich würde es wiederholen!


Bis zum nächsten Beitrag,
Ronny

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Stöckchen Als jemand, der 1979 geboren wurde und seit 2004 die Welt der Programmierung entdeckt hat, fasziniert es mich immer wieder, wie man mit Code die Welt verändern kann. Angefangen mit HTML, habe ich mich später auch in PHP vertieft. Nebenbei Doc als Mediengestalter habe ich immer das Ziel gehabt, die Welt zu verbessern, auch wenn mir manchmal der nötige Quellcode fehlt. In meinen Träumen stelle ich mir vor, als Superheld neben Batman mein Geld zu verdienen oder zumindest den ersten Fluxkompensator der Welt zu testen.