Skills oder die Wundertüte der Psychos

Skills. Wieder ein neumodisches Wort, was in letzter Zeit Einzug in die Psychotherapie gehalten hat. Doch was heißt „Skills“ eigentlich? „Skills“ heißt übersetzt „Fähigkeiten“. Wenn also in der Psychotherapie über Skills gesprochen wird, dann ist damit gemeint, die Fähigkeit/Fertigkeit, mit Gefühlen, Stimmungen oder Erinnerungen aus dem Alltag besser umzugehen.

  24. Sep 2019
 4 Min 52 Sek   0    208
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Skills oder die Wundertüte der Psychos

Skills. Wieder ein neumodisches Wort, was in letzter Zeit Einzug in die Psychotherapie gehalten hat. Doch was heißt „Skills“ eigentlich? „Skills“ heißt übersetzt „Fähigkeiten“. Wenn also in der Psychotherapie über Skills gesprochen wird, dann ist damit gemeint, die Fähigkeit/Fertigkeit, mit Gefühlen, Stimmungen oder Erinnerungen aus dem Alltag besser umzugehen.

Vor einem Jahr machte ich meine erste Erfahrung mit Skills. Mit den Worten „Bitte stellen Sie ihre Skills-Tasche zusammen.“ und ohne irgendwelche Kenntnisse, was das denn ist. 

Und ja, ich habe mittlerweile eine solche Skills-Tasche und ich finde, sie ist gut gefüllt. Aber über den meinigen Inhalt werde ich euch später etwas aufklären. Klären wir erstmal, warum diese Tasche so wichtig ist und wieso man sie immer bei sich tragen soll.

Die Skills-Tasche oder die Wundertüte der Psychos

Eine solche Tasche enthält alles, was man bei Panikattacken, Dissoziationen und Flashbacks so brauchen könnte. Dies können Fotos, Gegenstände, Erinnerungskärtchen oder Notrufnummern sein. Von der Größe kann es zwischen Waschtasche und Schlampermäppchen variieren, es kommt ganz auf den Inhalt und dessen Volumens an. Es sollte jedoch nicht zu groß sein, da man sie ja schon immer dabei haben sollte. Ich selbst habe mir meine Skills-Tasche selbst gemacht und gestaltet und diese liegt so zwischen dem Schlampermäppchen und Waschtasche von der Größe. Ich bin jedoch am Überlegen mir eine neue Tasche in der nächsten Zeit zu machen.
Doch was ist aber in einer solchen Tasche drin und wie funktioniert das Ganze? Um diese Frage zu beantworten, sollte man wissen, dass die Skills über verschiedene Kanäle ihren Zweck erfüllen.

Kanal 1 – Olfaktorisch & gustatorisch

Diese beiden Begriffe brauchst du dir nicht zu merken, ich verwende diese Worte nur, um etwas wissenschaftlicher zu klingen ;-)
olfaktorisch = den Geruchssinn betreffend
gustatorisch = den Geschmackssinn betreffend
Aber nun weiter zum Thema:
Wie oft hast du dir schon einmal gesagt: „Ich bin so aufgeregt, ich brauche ein Chili-Gummibärchen?“ Noch nie? Dann hast du aber was verpasst! In meiner Skills-Tasche befindet sich ein kleines unwahrscheinliches Überraschungsei, in dem ich immer ein paar Chili-Gummibärchen mit mir trage. Verspüre ich also eine innere Anspannung oder habe das Gefühl, gleich durchzudrehen, schiebe ich mir ein solches Gummibärchen in den Mund. Denn bei dem Gefühl „Verdammt ist das scharf“ haben Gedankenkreisel keine Chance mehr. Natürlich kann man das Gefühl auch beim Riechen erreichen. Einige schwören auch auf Ammoniak-Ampullen. Diese kann man in der Apotheke kaufen. Ich habe es einmal probiert an einer solchen Ampulle zu riechen und fand den Reiz zu extrem und habe für mich beschlossen, dass dies nichts für mich ist.

Kanal 2 – Taktil

Igelbälle kennen sicher die meisten von euch. Es gibt sie mit verschiedenen Härtegraden, von Ball oder Stacheln, in verschiedenen Größen, doch von der Funktion sind sie alle gleich. Zum einen hat man etwas in der Hand, das den Kontakt zu Realität herstellen soll. Dann hilft einem der sensorische Reiz der Stacheln gegen eventuelle psychische Symptome, wie zum Beispiel Panikzustände. Es gibt auch Akkupressurringe, die man über die Finger gleiten lässt, diese funktionieren mit dem gleichen Prinzip. Ich selbst, benutze die Variante Igelball, die ich in zwei verschieden Größen besitze. Einen mittelgroßen und einen kleinen, den man mal unauffällig in der Hand verschwinden lassen kann.

Natürlich habe ich nicht nur etwas zum Naschen und zum Stacheln drin, nein auch etwas zum Spielen – einen Regenbogen Puzzle Ball. Sowas kannte man in der Klinik noch nicht. Es handelt sich hier, um einen Ball mit kleineren farbigen Bällen darin die man verschieben muss, damit sie wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückgelangen. Das Ding macht eine Menge Spaß und hilft mir bei starken Anspannungen.

Kanal 3 – Visuell

Nach Augen, Nase, Mund und Haut, die wir beschäftigen können, kommen nun die visuellen Skills ins Spiel. Ich habe bereits oben schon Bilder angesprochen. Diese sollen helfen, dass man sich an glückliche oder auch ruhige Momente in seinem Leben erinnern kann. Auch kann man ein Foto in all seinen Details analysieren, was einen auch ziemlich gut ablenken kann. Ich selbst habe kein Bild oder Foto in meiner Skills-Tasche. Viel lieber begebe ich mich auf die Jagd nach Fotos.

Man kann auch sogenannte Erinnerungskärtchen anfertigen oder im Internet ausdrucken und diese mit in seine Skills-Tasche tun. Auf diesen sind meist bunte Bilder mit einem Spruch, der an bestimmte Dinge erinnert. „Ich bin eine starke Persönlichkeit und schaffe das.“ – „Ich habe das schon einmal geschafft und schaffe das erneut.“ Dies nennt man positive Gedankenmuster. Genauso wie Fotos oder Bilder, kann man diese zur Hand nehmen, wenn man überfordert oder angespannt fühlt.

Was auch einigen sehr gut hilft, ist die 5-4-3-2-1-Übung (diese werde ich in den nächsten Tagen hier im Blog noch hinzufügen und verlinken). Ich habe auch immer eine Visitenkarte von mir selbst in der Tasche, diese soll mich daran erinnern, dass ich mich nicht mehr in der damaligen Situation befinde, sondern in Sicherheit bin.

Kanal 4 – Kognitiv

Wir hatten doch gerade das Thema mit den Kärtchen, warum bleiben wir nicht einfach dabei. Bei vielen hilft es auch, sich selbst Denkaufgaben zu stellen. „Welche 5 Pflanzen wachsen bei dir auf dem Balkon?“ – „Finde 10 Namen, die mit F beginnen?“ Das kann eine Zeit lang beschäftigen und von so mancher unangenehmen Situation ablenken. Mir selbst helfen solche Aufgaben nicht, was aber nicht heißen soll, dass du das nicht mal probieren kannst.

Was hilft wann?

Lass dir gesagt sein, das ein Skill nicht bei jedem einzelnen hilft und man deshalb immer mehrere bei sich tragen soll. In der Klinik sprach man von 3 bis 5 Skills, diese sollten aber wirken. Man sollte jedoch immer mal wieder neue Skills versuchen und selbst einschätzen, ob diese helfen oder nicht. Manche Skills verlieren nach einer Zeit auch ihre Wirkung, wenn man zum Beispiel jeden Tag ein scharfes Gummibärchen zu sich nimmt, dann verfliegt mit der Zeit auch deren Wirkung. Wichtig ist. „Sei ehrlich zu dir selbst und teste alles, was für dich infrage kommen könnte in der Realität.“
Du kannst dabei auch selbst kreativ werden. Welche Düfte magst du und welche nicht?

Und das allerwichtigste ist: Hab die Tasche immer dabei, denn du weißt ja nie, wann du sie brauchst. Besser man hat sie 1000-mal dabei und braucht sie nicht, sie aber in den einen entscheidenden Moment griffbereit zu haben.

Am Ende ist es immer am besten, auf dich zu hören. Denn keiner kennt dich so gut wie du dich selbst.


Bis zum nächsten Beitrag,
Ronny

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Stöckchen Als jemand, der 1979 geboren wurde und seit 2004 die Welt der Programmierung entdeckt hat, fasziniert es mich immer wieder, wie man mit Code die Welt verändern kann. Angefangen mit HTML, habe ich mich später auch in PHP vertieft. Nebenbei Doc als Mediengestalter habe ich immer das Ziel gehabt, die Welt zu verbessern, auch wenn mir manchmal der nötige Quellcode fehlt. In meinen Träumen stelle ich mir vor, als Superheld neben Batman mein Geld zu verdienen oder zumindest den ersten Fluxkompensator der Welt zu testen.